Der inflationäre Druck für die Notenbanken nimmt zu. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat an ihrer Sitzung vom 8. September 2022 eine weitere Erhöhung des Leitzinses im EU-Währungsraum beschlossen. Wie in den vergangenen Wochen bereits von vielen erwartet, hebt die EZB den Leitzins um 0,75 Prozentpunkte auf 1,25 Prozent an.
Aufgaben der Europäischen Zentralbank (EZB)
Die Europäische Zentralbank ist für die Geldpolitik der EU-Mitgliedstaaten zuständig. Der Hauptsitz befindet sich in Frankfurt am Main, Deutschland. Diese Währungsunion wird auch als Eurozone bezeichnet und umfasst derzeit 19 Länder. Zu den Hauptaufgaben der Zentralbank gehören die Gewährleistung einer Preisstabilität und die Festlegung von Geldpolitik und Ziel-Zinssätzen. Damit werden unter anderem das Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen gewährleistet. Die Entscheidungen im Zusammenhang mit der EU-Geldpolitik werden alle sechs Wochen getroffen und hiernach transparent veröffentlicht.
Die EZB ist auch das für die Aufsicht der Banken zuständige EU-Organ. In Zusammenarbeit mit den nationalen Zentralbanken betreibt sie den sogenannten Single Supervisory Mechanism (zu Deutsch: den einheitlichen Aufsichtsmechanismus), um die Stabilität des europäischen Bankensystems zu gewährleisten.
Zinserhöhung der EZB absehbar
Die Europäische Zentralbank hat am 8. September ihre bisher höchste Erhöhung der Leitzinsen (an einem Tag) vorgenommen und davor gewarnt, dass die Inflation im Euroraum „für längere Zeit“ auf hohem Niveau bleiben wird, was zusätzlich zu einer erheblichen Verlangsamung des Wirtschaftswachstums führen könnte. Die EZB, die sowohl mit einer drohenden Rezession als auch mit einer rekordhohen Inflation zu kämpfen hat, erhöhte ihren Leitzins um 75 Basispunkte auf 1,25 Prozent. Zurückzuführen ist dies unter anderem auf den Ukraine-Krieg, die Coronavirus-Pandemie und die eskalierende Energiekrise im Euroraum. Trotz steigender Inflationszahlen hatte die Zentralbank mit der Erhöhung der Leitzinsen lange zugewartet, doch die Aussichten wurden von Tag zu Tag trüber.

So signalisierte der EZB-Rat für seine September-Sitzung bereits im Voraus eine weitere Zinserhöhung. Verständlich, wenn man bedenkt, dass die Inflation in den EU-Staaten ein Rekordhoch erreicht hat. Die Teuerungsrate im inflationären Umfeld zog seit Sommer 2021 an und auch die Wirtschaft verlangsamte sich zunehmend, womit der Druck auf die Euro-Währungshüter und EZB-Chefin Christine Lagarde weiter zunahm. Europa schlittert in eine Rezession, deren Beginn durch einige Ökonomen für das vierte Quartal diesen Jahres vorausgesagt wird. Für Euro-Länder wie Deutschland sei die Frage nicht mehr, ob es zu einer Rezession komme, sondern, wie schwer diese werde.
Inflation im EU-Währungsraum auf Rekordhöhe
Dass die Inflation im Euroraum viel zu hoch sei, bestätigte die EZB-Präsidentin Christine Lagarde an der Medienkonferenz. So erreicht die Inflationsrate in der Europäischen Union zum August 2022 mit 9,1 Prozent einen Wert, der fast fünfmal so hoch ist wie das eigentliche 2-Prozent-Ziel der EZB. In ihrer aktuellen Prognose gehen Christine Lagarde und der EU-Rat von einer durchschnittlichen Inflation von 8,1 Prozent in diesem Jahr und 5,5 Prozent im Jahr 2023 aus. Damit hat die EZB ihre Inflationserwartungen noch einmal deutlich angehoben. „Der Preisdruck hat sich in der gesamten Wirtschaft weiter verstärkt und ausgeweitet, weshalb die Inflation in nächster Zeit weiter ansteigen könnte“, so die EZB. Höhere Inflationsraten können allerdings im Hinblick auf die aktuelle Leitzinsentwicklung nicht ausgeschlossen werden.

Was bedeutet das für SNB und den Schweizer Immobilienmarkt?
Der nächste Entscheid der Schweizerischen Nationalbank steht vor der Tür. Nach der deutlichen und drastischen Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank um 75 Basispunkte wird davon ausgegangen, dass auch die SNB nachziehen wird, damit die Währung stark und die Inflation niedrig bleibt. Der anstehende SNB-Zinsschritt ist relevant für den Kampf gegen die Inflation, welche neben der Stabilität von Schweizer Franken und Börse auch den hiesigen Immobilienmarkt aufrechterhält. Es stellt sich also die Frage, wie stark die Leitzinsen steigen werden und vor allem, welche Auswirkungen der „neue“ Zinssatz auf den Immobilienmarkt haben wird.
Folgt die SNB der Europäischen Zentralbank mit einer Erhöhung der Zinsen, ist eine Stagnation der Immobilienpreise, ja sogar eine Abschwächung der bisher anhaltenden Widerstandsfähigkeit des Immobilienmarktes in den kommenden Monaten nicht auszuschliessen. Mit dem Anziehen der Hypothekarzinsen sind Preiskorrekturen am Häusermarkt nicht auszuschliessen. Der Kreis von solventen Käufern, aber auch bauwilligen Familien wird sich dennoch weiterhin schmälern. Immer weniger Menschen können sich den kostspieliger werdenden Traum vom Eigenheim leisten. Auf der anderen Seite könnte eine weitere Zinserhöhung den Aufwärtsdruck auf die hiesigen Mieten verstärken. Obwohl auch die Schweiz vom inflationären Umfeld nicht verschont bleiben wird, zeigt sich ein stabiler Unternehmenssektor.
Welches Ausmass dies in absehbarer Zukunft annimmt, wird sich mit dem nächsten Mediengespräch der SNB vom 22. September 2022 zeigen.
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