Im Kampf gegen die Inflation verbannt die Schweizerische Nationalbank die Negativzinsen und erhöht den SNB-Leitzins um weitere 0,75 Prozentpunkte.
Schluss mit den Negativzinsen
Acht Jahre lang lag der Leitzins der Schweizerischen Nationalbank (SNB) im negativen Bereich. Wie von einigen Expert:innen bereits erwartet, ist diese Ära nun vorbei. Um dem steigenden Inflationsdruck entgegenzuwirken, wurde der Leitzins zum 22. September 2022 erneut um 0,75 Prozentpunkte auf 0,5 Prozent erhöht.
Die Schweiz war somit das letzte Land in Europa, das zu positiven Zinssätzen zurückkehrte. Die Entscheidung der SNB folgt auf die gestrige dritte Zinserhöhung in Folge durch die US-Notenbank und kommt inmitten von Befürchtungen über eine drohende Rezession in Europa.
Die SNB hat die Nullzinspolitik – die erstmals im Dezember 2014 eingeführt wurde – lange Zeit mit der Notwendigkeit begründet, den steigenden Wert des Frankens eindämmen zu wollen. Zusammen mit der dänischen Zentralbank senkte die SNB die Zinssätze auf -0,75 % und damit auf das niedrigste Niveau in ganz Europa. Auf diesem Niveau verharrten sie bis Juni dieses Jahres, als eine Anhebung um 0,5 Prozentpunkte ein deutliches Umdenken der Zinssetzer signalisierte.
Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern hat die Schweiz bisher eine relativ moderate Inflation zu verzeichnen. Im August 2022 erreichte die Inflation mit 3,5 Prozent den höchsten Stand seit drei Jahrzehnten und lag damit deutlich über der von der SNB angestrebten Rate von 2 Prozent. Die Inflationsrate der Eurozone liegt derzeit bei 9,1 Prozent.
US-Notenbank und Europäische Zentralbank
Der inflationäre Druck nimmt für die Notenbanken auf globaler Ebene weiter zu. So hat die US-Notenbank am 21. September 2022 zum dritten Mal eine Zinserhöhung um 75 Basispunkte beschlossen. Damit will die US-Notenbank Fed die Konjunkturschwäche in den USA aggressiv bekämpfen. Die Anhebung bringt den Leitzins der Zentralbank in einen neuen Zielbereich von 3,00 bis 3,25 Prozent – und damit zum höchsten Leitzins seit der globalen Finanzkrise im Jahr 2008, wie CNN berichtet.
Auch die Europäische Zentralbank hat den Leitzins vor rund zwei Wochen um 75 Basispunkte auf 1,25 Prozent angehoben. Auf der Grundlage ihrer aktuellen Einschätzung geht die EZB davon aus, dass sie die Zinssätze weiter anheben wird. Dies werde unternommen, um die Nachfrage zu dämpfen und das Risiko einer steigenden Inflation vorzubeugen.
Mehr zur Inflation im EU-Währungsraum und deren Entwicklung lesen Sie hier.
Was bedeutet der SNB-Zinsentscheid für den Hypothekar- und Immobilienmarkt?
Viele Eigenheimbesitzer:innen nehmen an, dass im kommenden Jahr die Zinsveränderungen erstmals finanziell spürbar werden könnten. Zinsen beeinflussen gemeinsam mit anderen Faktoren, wie Bautätigkeit oder Zuwanderung, den Immobilienmarkt und damit auch die Nachfrage nach Hypotheken. Nach einer längeren Phase äusserst tiefer Zinsen sind diese am Geld- und Kapitalmarkt anfang des Jahres deutlich angestiegen.
Dasselbe gilt für die Preisentwicklung von Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen. Die Preise befinden sich auch nach jahrelangem Steigflug noch immer auf dem Höchststand. Grund dafür ist, dass die Schweizer Wirtschaft den Abschwung von 2020 wieder überwunden hat. Dieses Phänomen ist vor allem auf die rekordtiefen Hypothekarzinsen 1,1 Prozent im Dezember 2021) und die Knappheit an zum Verkauf stehenden Immobilien zurückzuführen. Und dies gilt nicht nur in Regionen wie Zürich oder Genf. Die preisliche Entwicklung für Eigenheime ist im letzten Jahr im ganzen Land weiter angestiegen.
Lesen Sie hier, wie sich Inflation und Rezession auf das Wohneigentum und die Immobilienpreise in der Schweiz auswirken und wann ein Verkauf sinnvoll ist.
Folgt man den jüngsten Daten des Berichts für Finanzstabilität der Schweizerischen Nationalbank, sind Anzeichen einer Verlangsamung lediglich bei den Preisen für Wohnrenditeliegenschaften im zweiten Quartal dieses Jahres sichtbar. Martin Schlegel, Vizepräsidenten des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank, gab während der heutigen Sitzung eine kurze Einschätzung zu den Entwicklungen am Hypothekar- und Immobilienmarkt. Die Zinsentwicklung hatte laut Schlegel bis anhin wenig Auswirkungen auf beide Märkte. Die Preise sind weiter gestiegen und auch das Hypothekarvolumen hat weiter zugenommen. Der mögliche Grund für dieses Szenario könne gemäss Schlegel darin liegen, dass die effektiven Zinskosten für die Immobilienkäufe aufgrund der Verschiebung von Festhypotheken zu Saron-Hypotheken nur leicht gestiegen sind.
Die Widerstandskraft des Bankensystems
Ausblickend dürfe die Straffung der Geldpolitik auch zu einer Entspannung der Risikosituation am Hypothekar- und Immobilienmarkt sorgen. Vor dem Hintergrund der weiterhin erhöhten Verwundbarkeit dieses Marktes bleibe aber die Widerstandskraft des Bankensystems zentral. Um diese zu gewährleisten, hat der Bundesrat im Januar dem Antrag der SNB zugestimmt, den antizyklischen Kapitalpuffer zu reaktivieren. Dieser tritt per Ende September in Kraft und trägt dazu bei, die Widerstandskraft des Bankensystems aufrechtzuerhalten.
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